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Zum Weihnachtsfest öffnen sich für etliche Inhaftierte die Haftraumtüren.

Weihnachtsamnestie und Haftraumkapazitäten: Probleme nicht auf dem Rücken der Bediensteten lösen

In vielen Ländern der Bundesrepublik Deutschland ist es langjährige Tradition, rechtskräftig verurteilten Straftätern, die sich als gnadenwürdig erweisen, aus Anlass des christlichen Weihnachtsfestes einen Teil der Freiheitsstrafe zu erlassen. In diesem Jahr sind von diesem Gnadenakt allein in Nordrhein-Westfalen rund 700 Gefangene betroffen.

Die Zahl der Betroffenen ist damit leicht rückläufig. In 2014 kamen 847 Inhaftierte und im Jahr 2013 gar 904 Häftlinge in den Genuss der Amnestie. Der Kreis jener Betroffenen, die zwischen dem 06. November 2015 und dem 06. Januar 2016 regulär entlassen worden wären, konnte die Vollzugseinrichtungen des Landes bereits zu Beginn des Monats November 2015 endgültig verlassen.

Neben humanen gab und gibt es immer auch Kapazitätsgründe, die eine Amnestie zu bestimmten Zeiten sinnvoll erscheinen lassen. Da sich der Zeitraum der Amnestie nach und nach ausgeweitet hat, führt er zu einer nicht nur geringfügigen Absenkung der jährlichen Durchschnittsbelegung der nordrhein-westfälischen Vollzugseinrichtungen. Dies wäre an sich nicht besonders tragisch, würde die Durchschnittsbelegung nicht regelmäßig herangezogen, um den Bedarf an Haftraumkapazitäten zu ermitteln. Und hier verfälscht die Amnestie den tatsächlichen Bedarf, weil während zehn Monaten im Kalenderjahr eine nicht unbeträchtlich höhere Haftraumkapazität benötigt wird, als die Durchschnittsbelegung Glauben macht.

Deshalb empfiehlt der BSBD der Administration dringend, nicht nur für Belegungsspitzen und bauliche Sanierungen, sondern auch für die Weihnachtsamnestie einen Zuschlag auf die Durchschnittsbelegung vorzusehen, um die benötigten Haftraumkapazitäten realistisch an die bestehenden Verhältnisse anzupassen. Daneben wird sich der Vollzug in den kommenden Jahren wegen des Zustroms von Flüchtlingen und wegen der Rückkehr von Dschihadisten aus dem bewaffneten Kampf auf künftig steigende Gefangenenzahlen einstellen müssen. Auch hierfür ist Vorsorge zu treffen. Geschieht dies nicht relativ zeitnah, muss einmal mehr das Personal den Kopf hinhalten, und dann werden Kapazitätsüberschreitungen mit all ihren negativen Auswirkungen für die Wiedereingliederungsbemühungen des Vollzuges an der Tagesordnung sein. Nach den dramatischen Entwicklungen der letzten Monate ist jedoch heute schon klar, dass es eine Demografie-Rendite, wie sie die Politik bereits eingeplant hatte, nicht geben wird.

Friedhelm Sanker

Foto im Beitrag © mik38 / Fotolia.de